Erinnerung an alte Zeiten
Geschnittene Gänsebrust in herzhafter Apfel-Preiselbeersoße
 
                            Der Duft der Gänsebrust zieht aus meiner Küche. Sofort muss ich an früher denken. Vor mir auf dem Teller liegen die saftigen Scheiben in einer Apfel-Preiselbeersoße, daneben Rotkohl und Klöße. Ein Festessen, ganz unkompliziert dank Tellerglück. Doch in meinem Kopf deckt sich ein ganz anderer Tisch. Ich bin wieder ein Kind an einem Winterabend bei meinen Großeltern. Es war jedes Mal etwas Besonderes. Meine Großmutter holte das gute Silberbesteck aus der Holzschatulle, die Stoffservietten waren frisch gestärkt und die Kristallgläser funkelten im Kerzenlicht. Am meisten habe ich auf den Moment gewartet, als mein Großvater die Gänsebrust aus dem Ofen holte. Sie wurde auf einer großen Silberplatte zum Tisch getragen, als wäre sie ein Schatz. Er schnitt sie mit größter Konzentration in dünne, perfekte Scheiben und Großmutter sagte wie jedes Jahr denselben Satz, den sie mit einem Lächeln sagte, das aber definitiv keine Widerrede duldete: „Und nur einen Löffel Soße für jeden. So etwas gibt es nicht alle Tage.“ Damals habe ich das nicht ganz verstanden. Heute weiß ich aber, es ging nicht darum, zu sparen. Es ging darum, den Geschmack zu schätzen. Die Soße war so kostbar, so voller Geschmack, dass ein Löffel gereicht hat. Mehr hätte nur alles überdeckt. So war jeder Bissen ein Genuss, langsam und andächtig. Jetzt sitze ich hier, viele Jahre später. Ich könnte mir den Teller mit Soße übergießen, aber ich mache es nicht. Ich nehme nur einen Löffel, probiere – und da ist sie wieder. Die vergangenen Wintertage, die Wärme der Küche und die Stimmen meiner Großeltern. Und dieses Gefühl, dass etwas Wertvolles auf dem Tisch steht. Dieses Gericht ist mehr als nur Essen. Es ist eine Hommage.

Wenn ich den Geschmack der Sauce schmecke, habe ich das Gefühl, wieder bei meinen Großeltern am Tisch zu sitzen.
 
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